James-Webb-Teleskop-Spiegel

James Webb war weder ein Inge­nieur, noch ein Astro­nom oder sons­ti­ger Wis­sen­schaft­ler. Genau genom­men war er ein in der Ver­wal­tung täti­ger Regie­rungs­be­am­ter, der Jura und Päd­ago­gik stu­diert hat­te, bevor er sei­nen Dienst bei der NASA antrat.

Anfang der 30er Jah­re arbei­te­te er sogar als Pilot in der US-Armee. Erst 1961 über­nahm er im Alter von 55 die Lei­tung der ame­ri­ka­ni­schen Raum­fahrt­be­hör­de als deren Direk­tor. Sie­ben Jah­re lang beklei­de­te er die­ses Amt, bis er schließ­lich im Okto­ber ’68 die NASA ver­ließ und danach einen Pos­ten als Bera­ter in der Smit­h­so­ni­an Insti­tu­ti­on begann. Dort war er außer­dem auch als Ver­wal­tungs­rats­mit­glied tätig.

Die Ent­wick­lung des James-Webb-Tele­skops erleb­te er jedoch nicht mehr mit. 1992 starb James Webb im Alter von 85 Jah­ren in der US-ame­ri­ka­ni­schen Haupt­stadt Washing­ton. An sei­nem 10. Todes­tag ent­schied man dann, den Nach­fol­ger vom Hub­ble Welt­raum­te­le­skop nach ihm zu benennen.

Dass das neue Tele­skop sei­nen Namen tra­gen soll­te, wur­de sowohl in der Fach­welt als auch in den öffent­li­chen Nach­rich­ten gemischt auf­ge­nom­men. Einer­seits fand die Benen­nung gro­ßen Zuspruch, da ohne James Webb das Apol­lo-Pro­jekt und damit die Lan­dung des Men­schen auf dem Mond nie­mals mög­lich gewe­sen wäre, doch ande­rer­seits warf man ihm vor, nicht genug gegen homo­pho­be Ten­den­zen in den 50ern unter­nom­men zu haben.

Letzt­lich gelang­te eine ent­spre­chen­de Kom­mis­si­on der NASA jedoch zu der Erkennt­nis, dass James Webb die Wür­di­gung ver­dient hät­te und ihm im Bereich Inklu­si­on wäh­rend sei­ner Zeit bei der NASA und auch davor kein Vor­wurf gemacht wer­den könnte.

Vom Hubble Teleskop zum James Webb

Seit 1990 umrun­det das Hub­ble Tele­skop die Erde knapp 15-mal pro Tag in einer Ent­fer­nung von 500 km. Sei­ner­zeit waren sowohl die Tech­no­lo­gie als auch die emp­fan­ge­nen Daten abso­lut weg­wei­send und revo­lu­tio­när. Nicht nur die optisch beein­dru­cken­den Bil­der waren fas­zi­nie­rend, son­dern auch die Erkennt­nis­se, die aus ihnen gewon­nen wer­den konnten.

Mitt­ler­wei­le ist das Tele­skop jedoch schon stark in die Jah­re gekom­men und sei­ne ungüns­ti­ge Posi­ti­on sorgt dafür, dass es nur im begrenz­ten Maße wis­sen­schaft­li­che Ent­de­ckun­gen machen kann. 1996 wur­de des­halb damit begon­nen, das James Webb Space Tele­sko­pe als Gemein­schafts­pro­jekt zwi­schen der ame­ri­ka­ni­schen NASA, der euro­päi­schen ESA und der kana­di­schen CSA zu kreieren.

Die Kos­ten für das gesam­te Pro­jekt belau­fen sich mitt­ler­wei­le auf knapp 10 Mrd. Dol­lar, die sich die drei invol­vier­ten Insti­tu­tio­nen tei­len. Etwa 300 Mil­lio­nen Euro kamen aus den Kas­sen der ESA. Ursprüng­lich soll­te der Start des Tele­skops ins All bereits 2007 durch eine Rake­te unter­nom­men wer­den. Die­ser Ter­min wur­de jedoch rela­tiv schnell ins Jahr 2014 verschoben.

Da man auch die­ses Ziel nicht errei­chen konn­te, kam es immer wie­der zu wei­te­ren Ver­schie­bun­gen, bis der tat­säch­li­che Start dann am ers­ten Weih­nachts­fei­er­tag 2021 in Fran­zö­sisch-Guya­na mit einer Aria­ne 5 Rake­te statt­fand. Inter­es­sant ist dabei die Tat­sa­che, dass die Bau­rei­he 5 einer Aria­ne Rake­te genau in dem Jahr erst­ma­lig zum Ein­satz kam, als auch die Kon­zep­ti­on für das Welt­raum­te­le­skop James Webb begann.

Der lange Weg bis zum ersten Foto

Die Trä­ger­ra­ke­te brach­te das Tele­skop um 12:20 Uhr Orts­zeit ins All und beschleu­nig­te es auf knapp unter 10 Kilo­me­ter pro Sekun­de, damit es sei­nen Kurs zum Lagran­ge Punkt ein­schla­gen konn­te. Nach 29,5 Tagen soll es sei­ne end­gül­ti­ge Posi­ti­on erreicht haben.

Aktu­ell ist das James-Webb-Welt­raum­te­le­skop noch auf der Rei­se zu sei­nem Orbit in 1,5 Mil­lio­nen km Ent­wer­fung von der Erde. Die kom­pli­zier­te Ent­fal­tung des rie­si­gen Son­nen­schilds ist den Daten nach zu urtei­len geglückt und auch der mäch­ti­ge Spie­gel soll inzwi­schen in Posi­ti­on sein.

Die­se Manö­ver dau­er­ten meh­re­re Tage und waren äußerst kom­pli­ziert. An der Ent­wick­lung wirk­te unter ande­rem der deut­sche Astro­phy­si­ker Tho­mas Hen­ning mit, der auch schon für Tei­le der Her­schel Mis­si­on ver­ant­wort­lich zeichnete.

Mitt­ler­wei­le ist auch der Sekun­där­spie­gel aus­ge­klappt und die Kühl­ele­men­te der Instru­men­te nah­men ihren geplan­ten Platz am hin­te­ren Teil des Haupt­spie­gels ein. Am 26. Tag des Flu­ges ist eine Kurs­kor­rek­tur vor­ge­se­hen, die das Tele­skop zu sei­ner end­gül­ti­gen Posi­ti­on im All füh­ren soll.

Lagoon-Nebel-James-Webb-Teleskop

Einzigartig in jeder Hinsicht: Das James Webb Weltraumteleskop

Im Gegen­satz zu sei­nem Vor­gän­ger, dem Hub­ble, ist das James Webb ein star­kes Infra­rot-Tele­skop, wel­ches nicht nur klas­si­sche Beob­ach­tun­gen machen, son­dern auch umfang­rei­che elek­tro­ma­gne­ti­sche Spek­tren erfas­sen kann. Es gewährt uns Bli­cke auf Exo­pla­ne­ten, ande­re Gala­xien und kann uns Auf­schluss über die Ent­ste­hung des Uni­ver­sums liefern.

Nach sei­ner Inbe­trieb­nah­me sind die Wis­sen­schaft­ler in der Lage, die Anfän­ge unse­rer Welt und des gesam­ten Welt­alls bes­ser zu ver­ste­hen und nach­voll­zie­hen zu kön­nen. Es wird mög­lich sein, Bil­der von der Früh­zeit frem­der Gala­xien anzu­fer­ti­gen und die Ent­ste­hung weit ent­fern­ter Ster­ne zu beobachten.

Mög­lich ist dies durch sei­ne spe­zi­el­le Posi­ti­on am Lagran­ge Punkt 2. Die­ser ist der Son­ne abge­wandt und steht in einem Ver­hält­nis zu Erde und Mond, das den unge­trüb­ten Blick ins All ohne stö­ren­de Gra­vi­ta­ti­on oder Strah­lung begünstigt.

Jedes Foto, das mit dem James-Webb-Welt­raum­te­le­skop geschos­sen wird, gibt uns Auf­schluss über den Urknall oder ande­re Mys­te­ri­en des Uni­ver­sums. Schon jetzt ist der Zeit­plan der Instru­men­te über die zu erfor­schen­den Inhal­te genau getak­tet und ausgebucht.

Orion-Nebel-James-Webb

James Edwin Webb: Als Pate ein Novum

Bis­her benann­ten NASA und ESA jedes Welt­raum­te­le­skop nach einem bedeu­ten­den Astro­no­men. So wur­de bei­spiels­wei­se das Her­schel Space Obser­va­to­ry nach Fried­rich Wil­helm Her­schel benannt, der den Ura­nus ent­deck­te. Auch der James Webb Vor­gän­ger bekam den Namen eines Wis­sen­schaft­lers: Hub­ble. Die­ser bezieht sich auf Edwin Powell Hub­ble, dem Ent­de­cker der eben­falls nach ihm getauf­ten Hubble-Konstante.

Wäre es nach den Astro­no­men Josef M. Gaß­ner, Harald Lesch und ande­ren Ver­tre­tern ihrer Zunft gegan­gen, hät­te das James Webb Tele­skop den Namen von Hen­ri­et­ta Swan Lea­vitt bekom­men. Die­se ent­deck­te näm­lich die Peri­oden-Leucht­kraft-Bezie­hung von Cep­hei­den und fand erst post­hum die Aner­ken­nung, die sie in der Wis­sen­schaft verdiente.

Trotz­dem ist James Webb eine pas­sen­de Wahl für das Tele­skop. Ohne ihn wäre die NASA ver­mut­lich nie dar­über hin­aus­ge­kom­men, nur eine lose Ansamm­lung unter­schied­li­cher Insti­tu­te zu sein. Sei­ne pra­xis­ori­en­tier­te Art schaff­te es, Struk­tur in das Unter­neh­men zu brin­gen und die Behör­de zu etwas Bedeu­ten­dem zu machen.

Wei­ter­hin ver­füg­te Webb über tadel­lo­se Bezie­hun­gen in Regie­rungs­krei­se, ohne die die bemann­ten und sehr kost­spie­li­gen Apol­lo-Mis­sio­nen nie­mals das nöti­ge Bud­get bekom­men hät­ten, um Neil Arm­strong zum Mond zu bringen.

Bis zur Unendlichkeit – und noch viel weiter

Das James-Webb-Welt­raum­te­le­skop ver­eint gleich meh­re­re Super­la­ti­ve in sich. Zum einen ist es das größ­te nicht bemann­te Welt­raum­pro­jekt aller Zei­ten und zum ande­ren will es uns Auf­schlüs­se über unser Uni­ver­sum geben, die bis­her nicht mög­lich waren. Um die­se auch feh­ler­frei gewin­nen zu kön­nen, ist es extrem weit weg von Erde und Sonne.

Mit sei­ner Hil­fe kön­nen wir Pla­ne­ten ent­de­cken, auf denen außer­ir­di­sches Leben mög­lich ist oder viel­leicht sogar schon exis­tiert. Es wird uns Wis­sen über die Zusam­men­set­zung vom Welt­raum, frem­den Gala­xien und ande­rer Ster­ne geben, mit dem wir den Urknall und die Ent­ste­hung unse­rer Welt end­lich bes­ser nach­voll­zie­hen können.

Außer­dem ist es ein Para­de­bei­spiel, wozu wir Men­schen in der Lage sind, wenn wir unse­re Kräf­te und Res­sour­cen bün­deln und über Län­der­gren­zen hin­weg zusam­men­ar­bei­ten. Ohne ESA und CSA, aber auch ohne die NASA wäre ein Tele­skop in die­ser Grö­ßen­ord­nung und vor allem am Lagran­ge Punkt 2 nicht mög­lich. Sobald das ers­te Foto über­mit­telt wird, kön­nen For­scher in aller Welt dar­an arbei­ten, das Welt­all bes­ser zu ver­ste­hen und neue bahn­bre­chen­de Erkennt­nis­se über unser Uni­ver­sum zu gewinnen.

Das James-Webb-Tele­skop ist der Beweis, dass die Astro­no­mie – genau wie es die beob­ach­te­ten Pla­ne­ten tun – nicht still­steht und wir noch vie­les ler­nen kön­nen. Die Bil­der weit ent­fern­ter Ster­ne und nie dage­we­se­ner Ein­bli­cke in den Welt­raum wer­den es viel­leicht sogar schaf­fen, die Astro­no­mie-Ver­dros­sen­heit in der brei­ten Bevöl­ke­rung in eine Begeis­te­rung und Auf­bruch­stim­mung zu ver­wan­deln, wie sie in den 60ern oder in den Glanz­zei­ten von MIR und ISS geherrscht hat.

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…in a galaxy far far away

Die Spie­gel des James-Webb-Tele­skops und sein leis­tungs­star­ker Son­nen­schild sind in der Lage, die 10-fache Men­ge an Licht zu sam­meln, als es sein Vor­gän­ger ver­mag. Noch nie war ein Blick in der­ar­ti­ge Tie­fen des Welt­alls und vor allem so weit in die Ver­gan­gen­heit unse­rer Gala­xien mög­lich, wie mit­hil­fe die­ses Teleskops.

Natür­lich hat das Hub­ble des­halb nicht aus­ge­dient. Auch die­ses wird uns noch wei­ter­hin mit Bil­dern und Infor­ma­tio­nen ver­sor­gen. Doch die des neu­en James Webb wer­den anders sein, da sie einen völ­lig neu­en Bereich abde­cken. Man erhofft sich, über 10 Mil­li­ar­den Jah­re und mehr in die Ver­gan­gen­heit zu schau­en und damit einen Blick in die Früh­zeit vom Welt­all zu erha­schen, der uns bis­her ver­bor­gen blieb.

Die effek­ti­ve Brenn­wei­te der Kon­struk­ti­on beträgt über 130 Meter und der größ­te Spie­gel hat einen Durch­mes­ser von 6,5 Metern. Außer­dem sind die Sen­so­ren hoch­sen­si­bel und neh­men Din­ge wahr, die mensch­li­che Augen nicht sehen kön­nen. Die Solar­mo­du­le ver­sor­gen es mit 2.000 Watt Leis­tung, was viel mehr ist, als für die Mis­si­on eigent­lich nötig. Damit ist gewähr­leis­tet, dass auch bei über­mä­ßi­gem Ver­schleiß, Stö­run­gen oder Aus­fäl­len genug Ener­gie vor­han­den ist, um wei­ter­hin Foto um Foto via Space­Wire zur Erde zu senden.

Was James Webb wohl dazu sagen würde

Natür­lich kann man ihn nicht mehr nach sei­ner Mei­nung fra­gen, oder ein Gespräch mit ihm füh­ren, doch eines steht fest: Webb wäre stolz auf das, was die Orga­ni­sa­ti­on, die er über Jah­re lei­te­te gemein­sam mit Euro­pa und Kana­da auf die Bei­ne gestellt hat. Zeit sei­nes Lebens war Webb dar­an inter­es­siert, auch Men­schen, die kei­ne Aka­de­mi­ker sind, ein Bewusst­sein für das All, die Ster­ne und die Fas­zi­na­ti­on hin­ter alle­dem zu geben.

Gera­de das Tei­len der Auf­ga­ben unter­ein­an­der und das nicht Auf­ge­ben trotz erheb­li­cher Über­schrei­tung der ursprüng­lich anvi­sier­ten Kos­ten hät­ten ihm impo­niert. So stell­ten die Kana­di­er das Sen­sor­sys­tem, den Spek­tro­gra­phen und gro­ße Tei­le des nöti­gen Per­so­nals zur Ver­fü­gung. Auf die Euro­pä­er kamen nicht nur die bereits erwähn­ten 300 Mio. Euro zu, die unter ande­rem für die Aria­ne 5 gedacht waren, auch ein erheb­li­cher Inge­nieurs­auf­wand wur­de von der ESA getra­gen, den die NASA allei­ne nicht hät­te bewäl­ti­gen können.

Übri­gens wur­de Webb nicht nur mit dem James-Webb-Tele­skop ein Denk­mal gesetzt. Auch in der 1998 erschie­ne­nen Serie “From the Earth to the Moon” und in der Film­bio­gra­fie “Hid­den Figu­res” aus 2016 wur­de der in North Caro­li­na gebo­re­ne Webb dargestellt.

Wir dür­fen gespannt sein, wel­che spek­ta­ku­lä­ren Bil­der von dem nach ihm benann­ten Tele­skop auf uns warten.