Blockbuster

Den Begriff des Block­bus­ters ver­wen­det man in der Geschich­te der Kino­fil­me etwa seit Ende der 70er-Jah­re. Gemeint sind damit Fil­me, die so vie­le Men­schen in die Licht­spiel­häu­ser locken, dass die Zuschau­er in lan­gen War­te­schlan­gen um den Häu­ser­block stehen.

So ein­fach. So geni­al, irgend­wie, oder? Wenn Erfolg in War­te­schlan­gen gemes­sen wer­den kann und ein coo­ler Begriff dar­aus ent­steht, dann ist das schon ein star­ker Teil des Film- und Kino-Kults.

Rück­bli­ckend betrach­tet las­sen sich zwar vie­le Hol­ly­wood-Fil­me wäh­rend der gro­ßen Ära des Stu­di­en­sys­tems als Block­bus­ter Erfolg bezeich­nen. Doch der ers­te Film, der die­ses Prä­di­kat von zeit­ge­nös­si­schen Kri­ti­kern erhal­ten hat, war Ste­ven Spiel­bergs “Der wei­ße Hai” von 1975. Bei nur 7 Mio. $ Bud­get spiel­te er 471 Mio. $ ein und galt bis 1977 als erfolg­reichs­ter Film aller Zeiten.

Knapp zwei Jah­re spä­ter mani­fes­tier­te sich der Begriff Block­bus­ter, als mit “Krieg der Ster­ne” bzw. “Star Wars – Epi­so­de IV” die längs­ten War­te­schlan­gen vor den Film­tem­peln ent­stan­den, die es bis dahin gege­ben hat.

Der Grund lag dar­in, dass der chro­no­lo­gisch ers­te “Star Wars” – Teil nur in weni­gen Kino­sä­len lief, ihn aber uner­war­tet vie­le Men­schen sehen woll­ten. Eini­ge gin­gen sogar mehr­mals in den Film und der Begriff Block­bus­ter wur­de zum geflü­gel­ten Wort. “Krieg der Ster­ne” avan­cier­te damit zum neu­en, damals erfolg­reichs­ten Film aller Zeiten.

Übri­gens gab es die Bezeich­nung Block­bus­ter schon in den 40er-Jah­ren. Aller­dings waren damit Bom­ben im Zwei­ten Welt­krieg gemeint, die in der Lage waren, einen gan­zen Häu­ser­block weg­zu­spren­gen. Zuge­ge­ben: Die Block­bus­ter, bei denen es um Fil­me und Seri­en geht, sind uns sympathischer.

Neben der Meta­pher der anste­hen­den Men­schen exis­tiert noch eine zwei­te cine­as­ti­sche Les­art von Block­bus­tern: Durch sei­nen enor­men Erfolg “block“iert er die ande­ren Kino­fil­me, die par­al­lel laufen.

Als Erklä­rung auch auf Wiki­pe­dia hat sich jedoch das Bild der War­te­schlan­gen durchgesetzt.

“Four-Quadrant” Filme

Damit also ein Film zum Block­bus­ter wird, muss er mög­lichst vie­le Men­schen anspre­chen. Um das zu errei­chen, wer­den Pro­duk­tio­nen mit gro­ßen Bud­gets in der Regel als soge­nann­te “Four-Qua­drant Movies” gestal­tet. Damit ver­su­chen die Pro­du­zen­ten eine mög­lichst gro­ße Ziel­grup­pe abzu­de­cken. Die vier Qua­dran­ten set­zen sich aus männ­li­chen und weib­li­chen Zuschau­ern zusam­men, jeweils unter und über 25 Jahren.

Die maxi­ma­le Ziel­grup­pe wird also ange­spro­chen, wenn der Film sowohl für jung als auch alt und sowohl für Frau­en als auch Män­ner inter­es­sant ist. Das führt dazu, dass Block­bus­ter eine Hand­voll gol­de­ner Regeln folgen:

  • der Inhalt lässt sich in einem Satz zusammenfassen
  • das The­ma besitzt Allgemeingültigkeit
  • die Sto­ry wird line­ar, nach­voll­zieh­bar und sim­pel erzählt
  • Cha­rak­te­re sind ent­we­der Arche­ty­pen, Kli­schees oder Identifikationsfiguren
  • der Humor unter­teilt sich in Slap­stick (für Kin­der) und Meta (für Erwachsene)
  • die Dra­ma­tur­gie bedient die klas­si­sche Hel­den­rei­se in 5 Akten
  • die gespro­che­ne Spra­che im Film ist Englisch

Art­house-Fil­me und Nischen-Sujets eig­nen sich für Block­bus­ter eher weni­ger, da sie per se eine klei­ne­re Ziel­grup­pe anspre­chen. Aller­dings gibt es Aus­nah­men wie den Film “Joker” von 2019, der for­mal betrach­tet zum Art­house gehört, aber dar­über hin­aus alle Merk­ma­le eines Block­bus­ters aufweist.

Die Zahlen hinter einem Blockbuster

Grob gesagt ist ein Block­bus­ter ein Film, der sowohl vie­le Men­schen vor den Bild­schirm lockt, als auch die eige­nen Pro­duk­ti­ons­kos­ten min­des­tens wie­der ein­spielt bzw. sie bes­ten­falls sogar weit über­trifft. Ein Film wie “Water­world” von 1995, der zwar welt­weit 176 Mio. $ ein­ge­spielt hat, ist der Begriff­lich­keit nach zwar ein Block­bus­ter, weil er für lan­ge Schlan­gen vor den Kinos gesorgt hat. Hin­sicht­lich der Defi­ni­ti­on ist er jedoch kei­ner, da er bei Pro­duk­ti­ons­kos­ten, die inklu­si­ve Mar­ke­ting bei über 200 Mio. $ lagen, ein finan­zi­el­ler Miss­erfolg war.

Gro­ße Bud­gets sind aber nicht immer die Grund­la­ge eines Block­bus­ters. Ein anschau­li­ches Bei­spiel ist “Para­nor­mal Acti­vi­ty”, der zwar nur 15.000$ in der Ent­wick­lung kos­te­te, aber knapp 193 Mio. $ ein­spiel­te. Ähn­lich ver­hält es sich mit dem Film “Saw” von 2004, der 1,2 Mio. $ kos­te­te und eben­falls über 100 Mio. $ einspielte.

Kom­pli­ziert wird es auch bei loka­len Pro­duk­tio­nen. So hat etwa der Film “Honig im Kopf” in Deutsch­land für vol­le Kino­sä­le gesorgt und alle Bedin­gun­gen eines Block­bus­ters erfüllt. Mit 60 Mio. € Ein­spiel­ergeb­nis hat er sei­ne Pro­duk­ti­ons­kos­ten bei Wei­tem über­trof­fen und Jung und Alt teil­wei­se mehr­mals vor die Lein­wand gelockt. Aller­dings lief der Film nur im deutsch­spra­chi­gen Raum. In eng­lisch­spra­chi­gen Län­dern wur­de ein paar Jah­re spä­ter ein Remake unter dem Titel “Head Full of Honey” her­aus­ge­bracht, der nicht ein­mal eine Mil­li­on Dol­lar ein­spiel­te und des­halb nicht als Block­bus­ter, son­dern als Flop ange­se­hen wer­den kann.

Ein ähn­li­ches Bei­spiel ist “The 800” von 2020. Der chi­ne­si­sche Film war ein gigan­ti­scher Block­bus­ter mit fast einer hal­ben Mil­li­ar­de Dol­lar Ein­spiel­ergeb­nis. In Deutsch­land hat er aber kei­ne ein­zi­ge Per­son vor eine Kino­lein­wand gelockt. Begrün­dung: Er lief bei uns nicht.

Als Faust­re­gel lässt sich also zusam­men­fas­sen, dass ein Film dann zum Block­bus­ter wird, wenn er die eige­nen Pro­duk­ti­ons­kos­ten, inklu­si­ve des Mar­ke­ting-Anteils, über­trifft und welt­weit eine min­des­tens 9‑stellige Sum­me einspielt.

Blockbuster und Merchandise

Seit “Star Wars” gibt es Mer­chan­di­se für Kino­fil­me. Dabei hat das Fran­chise ein­drucks­voll bewie­sen, wie Fan­ar­ti­kel den Hype um ein Medi­en­pro­dukt ver­grö­ßern, die Ziel­grup­pe erwei­tern und den Film, damit noch mehr zum Block­bus­ter machen können.

Spiel­zeug sorgt dafür, dass jun­ge Men­schen erst­mals mit der Fran­chise-Mar­ke in Kon­takt kom­men. Damit bewirbt das Spiel­zeug den nächs­ten Film und der nächs­te Film bewirbt das neue Spiel­zeug. Das erhöht die Effek­ti­vi­tät des Mar­ke­tings und ver­grö­ßert die Gesamteinnahmen.

Mitt­ler­wei­le gibt es zu jedem Block­bus­ter Klei­dung wie T‑Shirts und Pull­over, Funko-Pop Figu­ren, Pos­ter und vie­le ande­re Objek­te, die man sam­meln oder benut­zen oder mit denen man spie­len kann.

Die Kinolandschaft in Zeiten von Streaming

Einer der größ­ten Block­bus­ter 2021 war “Red Noti­ce” mit einem Bud­get von über 200 Mio. $. Schlan­gen haben sich jedoch sei­net­we­gen kei­ne an den Kino­kas­sen gebil­det. Trotz­dem war es ein Block­bus­ter. Jedoch lief er exklu­siv auf Net­flix und wur­de über­haupt nicht im Kino ausgewertet.

Dann gibt es Fil­me wie “The Irish­man”, der von Kino Legen­de Mar­tin Scor­se­se insze­niert wur­de, pri­mär aber auch ein Strea­ming-Film war. Die Plä­ne bei Fil­men wie die­sem bestehen dar­in, dass Net­flix ihn in für kur­ze Zeit in ein paar weni­ge Kino­auf­füh­run­gen bringt, um die For­ma­li­en zu erfül­len, ihn ins Oscar-Wett­ren­nen schi­cken zu können.

Mitt­ler­wei­le sind Fil­me, die rein für Strea­ming-Diens­te pro­du­ziert wer­den, bei den Oscars durch­aus gleich­be­rech­tigt mit Kino­pro­duk­tio­nen. Ob die­se Fil­me zum Block­bus­ter wer­den, wie etwa “Mar­ria­ge Sto­ry”, zeigt sich nicht anhand ver­kauf­ter Ein­tritts­kar­ten, son­dern auf Grund­la­ge von Abruf­zah­len und Watcht­i­me. Alles in allem ist ein Abschluss oder ein Ende die­ser Ent­wick­lun­gen nicht zu erkennen.

Die Pro­duk­ti­on von Block­bus­tern hat also nicht auf­ge­hört, son­dern erfährt nur eine Ver­schie­bung der Bran­che. Die Kino­land­schaft dünnt sich viel­leicht ein wenig aus, aber das Heim­ki­no ist so stark wie nie.

Zudem hat Net­flix ange­kün­digt, selbst Kinos zu betrei­ben, in denen dann die aktu­el­len Net­flix-Block­bus­ter gezeigt wer­den. Das Kino selbst fun­giert in dem Fall als Toch­ter des Kon­zerns und steht somit auf finan­zi­ell siche­re­ren Bei­nen als kon­ven­tio­nel­le Lichtspielhäuser.

Die wei­te­re Ent­wick­lung bleibt also spannend.